Color Codes - Farben haben kein Geschlecht

22. Februar 2018

Mit ihrer Foto-Ausstellung "Color Codes" will Fotokünstlerin Tina Umlauf die Gesellschaft anregen, ihre Sehgewohnheiten zu hinterfragen. Zwei Wochen lang konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie in Dortmund diskutieren: Mädchen oder Junge?

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Rosa versus blau, Kleid gegenüber Latzhose, schüchterne Haltung im Vergleich zur selbstbewussten Pose - auf den ersten Blick scheint offensichtlich, was die Aufnahmen von Diplom-Fotodesignerin Tina Umlauf zeigen: Mädchen und Jungen, einander gegenübergestellt. Doch ist es wirklich so einfach? Mit ihrer Ausstellung "Color Codes" greift Tina Umlauf ein Phänomen auf, das sich schleichend zu einer gesellschaftlichen Norm entwickelt hat, die die breite Masse längst akzeptiert: Mit der Farbe Rosa assoziiert sie Mädchen, mit der Farbe Blau Jungen. "Diese scheinbar festgelegte Farbzuordnung stört mich. Ich will, dass die Menschen ihre Sehgewohnheiten hinterfragen und sie sensibilisieren, dass eine bloße Farbe noch lange nichts über das Geschlecht aussagt", erklärt die Fotokünstlerin. Aus diesem Impuls heraus, entstand ihr Fotoprojekt.

Die Bilder zeigen Ganzkörper-Porträts von zehn Kindern. Von jedem Kind gibt es zwei Aufnahmen - einmal in rosafarbener Kleidung, einmal in blauer Kleidung. Rosagekleidet zeigt sie die Kinder niedlich und zurückhaltend - Charakteristiken, die in der Regel Mädchen zugeschrieben werden -, blau gekleidet wild und draufgängerisch - das stereotype Bild der Gesellschaft von Jungen. Die Idee dahinter: "Ich nutze die Klischees, um sie dann aufzubrechen", sagt Tina Umlauf. Denn das Geschlecht des jeweiligen Kindes ist nicht eindeutig zu erkennen und wird auch an keiner Stelle aufgelöst - so bleibt es dem Betrachter überlassen, sich zu entscheiden oder zu fragen: Ist das wirklich wichtig?

"Im ersten Moment hatte ich das Gefühl, ertappt worden zu sein", gesteht Beate Schölermann, Gleichstellungsbeauftragte des Max-Planck-Instituts (MPI) für molekulare Physiologie in Dortmund. "Ein Gedanke war: Ist das nun ein Mädchen oder ein Junge?" Mit dem Ziel, gerade dieses formelhafte Denken aufzubrechen, hat die Gleichstellungsbeauftragte mit Unterstützung von Professor Dr. Stefan Raunser, Geschäftsführender Direktor des Max-Planck-Instituts, die Fotoausstellung "Color Codes" ins Institut geholt. Seit Anfang Februar können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des MPIDortmund die plakatgroßen Kinderporträts für zwei Wochen im Foyer betrachten und darüber diskutieren.

"Wir am Institut wollen wertfrei die besten Talente für uns gewinnen. Dafür ist es wichtig, dass wir auf die Fähigkeiten von Personen achten, nicht auf ihr Geschlecht", sagt Beate Schölermann. Zu diesem Zweck sei es auch notwendig, sich zu reflektieren, um sich über die eigenen Vorurteile bewusst zu werden. Diesen Prozess rege die Ausstellung an - "und das ohne erhobenen Zeigefinger, die Bilder sprechen für sich". Da die Fotoarbeiten zudem auf niedergeschriebene Erklärungen verzichten, sei das Projekt auch international verständlich.

Wie festgefahren die Gesellschaft bereits in der Farbfalle steckt, erlebte Tina Umlauf bereits während ihrer Shootings: "Einige Eltern reagierten zögerlich auf das Outfit in der jeweils anderen Farbe. Ein Paar fragte ihren Sohn sogar mehrmals, ob es für ihn wirklich okay sei, die rosafarbene Kleidung anzuziehen." Das Verhalten der Erwachsenen habe sich schließlich auf die Kinder übertragen, sodass sie vor Ort erst einmal Überzeugungsarbeit habe leisten müssen - zum Glück mit Erfolg. "Da war der Einfluss der Eltern besonders deutlich." Doch gerade das habe sie zusätzlich bestätigt: "Wenn ich künstlerisch arbeite, dann widme ich mich Themen, die mich faszinieren, mir am Herzen liegen oder die mich ärgern und die ich in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken möchte, um sie zu ändern."

Anna Hückelheim

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