Forschungsgelder zur Untersuchung der Geschwindigkeit des Lebens
Das Team von Dr. Christian Schröter erhält Forschungsgelder der VolkswagenStiftung zur Untersuchung der Geschwindigkeit der Embryonalentwicklung mit Stammzellen
Der Lebenszyklus – ein zentrales Element der Biologie
Alle mehrzelligen Organismen durchlaufen einen festgelegten Lebenszyklus mit aufeinanderfolgenden Lebensphasen, wie Entwicklung, Reifung und das Altern. Die Dauer des gesamten Lebenszyklus sowie die der einzelnen Phasen unterscheidet sich massiven zwischen verschiedenen Tierarten: Von der Empfängnis bis zur Geburt eines Menschen vergehen bekanntlich ca. 9 Monate. Bis zur Geschlechtsreife dauert es weitere 11 – 16 Jahre und mit spätestens 19 Jahren sind die meisten Menschen ausgewachsen. Bei kleinen Säugern wie Mäusen hingegen werden diese Phasen in nur wenigen Wochen durchlaufen.
Christian Schröter will mit seinem Team nun herausfinden, welche Prozesse sich hinter diesem Phänomen verbergen und wie sie die entwicklungsbiologischen Zeitskalen festlegen. Seine Forschung wird sich auf die Embryonalentwicklung und damit auf den Anfang des Lebenszyklus konzentrieren.
Bisher ist bekannt, dass die Zeitspanne dieser ersten Lebensphase stark von der Spezialisierung der Embryonalzellen bestimmt wird. Dabei werden die Zellen durch die Aktivierung oder Unterdrückung von bestimmten Genen, den Informationsträgern der Zelle, mit neuen Funktionen ausgestattet. Ob und wie schnell eine Embryonalzelle sich nun z. B. zu einer Muskel- oder Nervenzelle spezialisiert, wird in der Zelle biochemisch reguliert. Aber auch Einflüsse von außerhalb der Zelle, wie Zelldichte, Stoffwechsel oder pharmakologische Substanzen, können sich auf die Entwicklung von Zellen auswirken.
Zusammen mit seinen Kollegen Dr. Micha Drukker und Dr. Carsten Marr vom Helmholtz Zentrum in München wird Christian Schröter die Rolle verschiedener Faktoren auf die Geschwindigkeit der Zellspezialisierung untersuchen und dafür eigens erzeugte pluripotente Stammzellen aus verschiedenen Säugerarten nutzen. Stammzellen können in der Kulturschale unbegrenzt vermehrt werden und haben das besondere Talent, sich zu jedem Zelltyp eines Organismus spezialisieren zu können. Mit diesem System können die Wissenschaftler die Geschwindigkeit der Embryonalentwicklung verschiedener Organismen auf zellulärer Ebene in nie dagewesener Weise messen, um anschließend ihre Grundlagen zu identifizieren und zu beeinflussen.
„Wir wollen unsere Ressourcen und Expertise auf dem Gebiet der Stammzellforschung, der Videomikroskopie, der Bestimmung der Aktivität von Genen und der quantitativen Analyse biologischer Daten bündeln, um die Komponente Zeit im Lebenszyklus besser verstehen zu können“, so Christian Schröter, der Initiator des Projekts. Mittel- bis langfristig könnten die Ergebnisse des Forschungsprojektes auch beim Einsatz von Stammzellen in der Medizin eine Rolle spielen.
JJ/PH
Hintergründe zur Forschungsinitiative der Volkswagenstiftung
Die Stiftung unterbreitet mit der Förderinitiative „ Leben? – Ein neuer Blick der Naturwissenschaften auf die Grundlegenden Prinzipien des Lebens“ ein Angebot für die Wissenschaft, an der Schnittstelle zwischen Natur- und Lebenswissenschaften wissenschaftlich spannende und potenziell innovative Vorhaben in diesem Kontext zu fördern. Geförderte Projekte sollen helfen, die fundamentalen Prinzipien des Lebens besser zu verstehen und damit neue Perspektiven in Ergänzung zu philosophischen Aussagen über das Leben zu eröffnen.
Seit Einrichtung der Initiative in 2015 wurden nach nun 3 Stichtagen 29 Anträge mit insgesamt rund 38,4 Mio. Euro Fördermitteln bewilligt. Im Juni 2019 wurden 8 Projekte aus 95 Anträgen mit einer Gesamtfördersumme von rund 11 Mio. Euro vom Kuratorium der VolkswagenStiftung bewilligt.