ERC Starting Grant für Peter 't Hart

Dortmunder Max-Planck-Forscher erhält 1,5 Millionen Euro für die Entwicklung innovativer molekularer Kleber mit therapeutischem Potenzial

22. November 2022

Peter 't Hart, Gruppenleiter am Chemical Genomics Centre der Max-Planck-Gesellschaft in Dortmund, hat den begehrten, mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des Europäischen Forschungsrates (ERC) erhalten. In den nächsten fünf Jahren will 't Harts Gruppe molekulare Klebstoffe identifizieren und entwickeln, die die Interaktion von Proteinen mit RNA stabilisieren, die in der Physiologie und bei Krankheiten von entscheidender Bedeutung sind. Die sogenannten PRIGLUEs werden nicht nur als neuartige Werkzeuge zur Erforschung der Regulation auf RNA-Ebene einsetzbar sein, sondern könnten auch zur Entwicklung innovativer Therapeutika führen.
 

"In der Arzneimittelentwicklung suchen Forschende unentwegt nach neuen Möglichkeiten, krankheitsrelevante Biomoleküle ins Visier zu nehmen", sagt Peter 't Hart, der gerade den prestigeträchtigen ERC Starting Grant erhalten hat. Bei einer dieser neuen Strategien werden z. B. Proteine mit einem molekularen Klebstoff an andere Proteine geheftet. Je nach Umstand kann ein Protein so abgeschaltet oder in seiner Aktivität gesteigert werden. Ein vielversprechender therapeutischer Ansatz auf Basis molekularer Klebstoffe ist der gezielte Abbau von „problematischen“ Proteinen. Diese werden mit einem Markierungs-Protein verklebt, das vom Müllentsorgungssystem der Zelle erkannt und verarbeitet wird.

Den richtigen Klebstoff finden

Bisher wurde die gängige Klebestrategie fast ausschließlich dazu verwandt, Proteine mit Proteinen zu verkleben. Allerdings findet ein großer Teil der zellulären Regulierung auch auf der Ebene von RNA statt, das mit DNA verwandte Molekül, das als Protein-Vorprodukt alle Informationen für die Herstellung der Proteine kodiert. Hier setzt Peter 't Hart mit seinem Forschungsplan an: Sein Ziel ist die Entwicklung einer Screening-Methode, die neue molekulare Klebstoffe identifiziert, die RNA mit Proteinen verkleben können. "Die Krux an der Sache ist, den richtigen Klebstoff für die RNA-Sequenzen zu finden", sagt 't Hart. Proteine bieten eine komplexe Oberfläche mit zugänglichen Hohlräumen, die von speziell entwickelten kleinen Molekülen besetzt werden können. Die Struktur von RNA ist hingegen nur wenig komplex, was die Suche nach einem Molekül, das nur eine ganz bestimmte RNA bindet, immens erschwert. Um dieses Hindernis zu überwinden, soll im Rahmen des Projekts eine breite Palette kleiner Moleküle, aber auch zyklische Peptide getestet werden, von denen bekannt ist, dass sie die strukturell verwandte DNA binden. Die entwickelten Klebstoffe sollen beim RNA-Spleißen angewandt werden, einem Vorgang, bei dem aus einer RNA-Vorstufe die fertige RNA entsteht. Für die Evaluierung der Klebstoffe bringt das viele Vorteile, 1) weil beim Spleißen Proteine mit der RNA wechselwirken, 2) weil unerwünschte Veränderungen beim Spleißen einfach mit gängigen Methoden analysiert werden können und 3) weil Störungen des Spleißvorgangs zu Krankheiten führen können und somit ein Eingriff in diesen Prozess therapeutisch relevant ist.  

 

Peter 't Hart studierte Arzneimittelinnovation am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften in Utrecht, wo er auch sein Doktoratsstudium abschloss. Während seiner Zeit als Postdoc in der Abteilung von Prof. Herbert Waldmann am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie in Dortmund entwickelte er zyklische Peptid-Inhibitoren von Komplexen, die an der epigenetischen Regulation beteiligt sind. Seit 2018 ist er Gruppenleiter am Chemical Genomics Centre der Max-Planck-Gesellschaft.

Der Europäische Forschungsrat vergibt jedes Jahr die renommierten Starting Grants an Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, die noch am Anfang ihrer wissenschaftlichen Karriere stehen, aber bereits ein umfassendes, unabhängiges Forschungsprojekt vorgeschlagen haben. Das Bewerbungsverfahren ist hart umkämpft: Jedes Jahr werden Tausende von Vorschlägen eingereicht, aber nur etwa zehn Prozent erhalten die finanzielle Unterstützung für die nächsten fünf Jahre.

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